Trainieren vs Üben vs sportliche Betätigung
Was sind die Unterschiede?
Eine klare Definition der Begriffe dient als Grundlage für des Verständnis.
Trainieren
Trainieren bedeutet planvoll vorzugehen. Sprich einem Trainingsplan zu folgen, einem aktuellen ebenso wie einem langfristigen. Ziel ist es, eine Steigerung einer spezifischen körperlichen Anpassung über die Zeit zu erlangen. Es können nur die konditionellen Fähigkeiten trainiert werden. Diese sind Kraft, Ausdauer, Beweglichkeit und Schnelligkeit.
Kraft ist die Wichtigste, weil es sie allgemeinste Anpassung darstellt und für jegliche Tätigkeit nützlich ist. Außerdem profitieren selbst reine Ausdauersportler von Krafttraining, das gilt andersrum nicht. Alle anderen konditionellen Fähigkeiten profitieren vom Krafttraining, während auch das andersrum nicht gilt.
Die
Ausdauer ist ebenfalls bedeutsam, wenn gleich nicht so sehr, wie immer behauptet wird. Findet ein korrektes Krafttraining statt, wird ein Reiz für das Herz-Kreislauf-System geboten. Gr0ße, normale, menschliche Bewegungsmuster mit viel beteiligter Muskelmasse ermöglichen diesen Reiz.
Schnelligkeit für sich genommen, ist nicht gut trainierbar, sie hängt stark von der Genetik ab und als nächstes von der Kraft. Übe ich zudem den sportliches Bewegungsablauf, wird dieser koordinierter und damit auch schneller.
Beweglichkeit hängt ebenfalls stark von der Genetik ab und ihre Bedeutung wird überbewertet. Stabil ist zunächst besser als mobil. Die gr0ßen Grundübungen, ausgeführt über den vollen Bewegungsweg dienen als Beweglichkeitsreiz. Die Beweglichkeit lässt sich ohne Frage verbessern, nur ob es „Training“ genannt werden kann, ist fraglich, da wir nicht exakt wissen, wie die Verbesserung zu Stande kommt. Wird eine gr0ße Beweglichkeit im sportspezifischen Kontext gebraucht, muss diese entsprechend auch extrem „trainiert“ oder „geübt“ werden. Dann stellt sich auch nicht die Frage, ob diese Beweglichkeit „gesund“ ist, sie ist schlicht nötig, ansonsten kann ich die Sportart nicht erfolgreich ausüben.
Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die konditionelle Fähigkeit
Kraft die entscheidende konditionelle Fähigkeit ist, vor allem dann, wenn ein qualitativ gutes Krafttraining gemacht wird (was, wie wir wissen, in der Breite nicht gemacht wird).
Üben
Üben bedeutet, einen Bewegungsablauf im Hinblick auf die Zielsportart, durch gezieltes Wiederholen immer besser zu beherrschen. Der Bewegungsablauf wird immer genauer (immer näher am Ideal) und präziser (immer mehr korrekte oder erfolgreiche Abläufe hintereinander).
Sportliche Betätigung
Die
Sportliche Betätigung oder auch „beliebige Übungen machen“ dagegen hat lediglich einen kurzfristigen Plan, wenn es überhaupt einen gibt. Denn meist ist die Auswahl zufällig. Es geht um Anstrengung, Schwitzen und das gute Gefühl, etwas gemacht zu haben. Ebenso erkennt man sportliche Betätigung an ständiger Variation, weil es die Meinung gibt, man müsse Muskeln verwirren, um sie immer wieder zu stimulieren.
Beliebige Übungen machen
Tendenziell machen fast alle lediglich beliebige Übungen. Davon viele und diese relativ leicht. In einem Kurs, im Studio, im Park, mittels App oder so ähnlich. Das heißt, man macht sich auf die eine oder andere Art ordentlich platt, ist durchgeschwitzt, fühlt sich gut. Das Ziel für dieses Workout ist erfüllt – und kommt nach anfänglicher Verbesserung doch nicht weiter. Denn die wöchentlichen Workouts sind bereits nach kurzer Zeit Teil der eigenen Homöostase. Die weitere Verbesserung wird nicht aktiv vorangetrieben oder geplant.
Bei einem Training nach Plan sind Verbesserungen/Entwicklungen Monate, Jahre und Jahrzehnte möglich, die nächste Trainingseinheit wird dem langfristigen Ziel untergeordnet.
Diese Beschreibung gilt sowohl für Kraft- als auch für Ausdauertraining.
Grundsätzlich gibt es nichts gegen die sportliche Betätigung zu sagen. Wenn es genau dass ist, was der Mensch bewusst wählt. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass die sportliche Betätigung nur deshalb gemacht, weil die Leute gar nicht wissen, dass es eine bessere (Trainings-) Option gibt. Genau darin liegt dann das Problem.
Dieses Modell erklärt, weshalb Fortschritt durch Training, nicht aber durch sportliche Betätigung, langfristig möglich ist.
Natürlich gibt es auch ein Üben innerhalb des Trainierens. Die Bewegungsabläufe müssen zunächst geübt werden, um diese dann sicher trainieren zu können. In diesem Fall bezieht sich
das Üben auf den koordinierten Ablauf der Bewegungsmuster – vergleichbar mit dem Üben eines Musikinstruments.
Das 2-Faktoren-Modell
Kommen wir nun zum Zwei-Faktoren-Modell des Sports, so wie Mark Rippetoe es beschreibt. Er argumentiert, dass sportartspezifisches Krafttraining nicht zu einer signifikanten Leistungssteigerung führen kann, da dabei weder effizient die Kraft trainiert noch spezifisch genug die Sportart geübt wird.
Es ist sogar noch schlimmer. Denn das Problem eines sportartspezifischen Krafttrainings, ist nicht nur mangelnde Qualität im Sinne der geringen Steigerung der Kraft. Es interferiert zusätzlich mit dem spezifischen Bewegungsablauf der Sportart. Die spezifische Bewegungsqualität wird also instabiler oder weniger konstant.
Eine Leistungssteigerung kann demnach nur über die separate Betrachtung der folgenden beiden Faktoren erfolgen:
Faktor 1:
Kraft als wichtigster Baustein der konditionellen Fähigkeiten muss ich allgemein trainieren. Dadurch erziele ich erhebliche Kraftsteigerungen.
Faktor 2:
Die gewonnene Kraft wende in der Folge an, indem ich die entsprechende Sportart spezifisch übe.
Bin ich mir dessen Zusammenhangs bewusst, werde ich eine signifikante Leistungssteigerung erlangen.
Krafttraining findet im Kraftraum statt, nicht auf dem Sportplatz. Die Sportart übe ich im Kontext der entsprechend nötigen Kriterien der Sportart korrekt (ich kann den Speerwurf kann nicht mit einem Stein üben, auch nicht mit einem schwereren Speer. Es muss der Wettkampfspeer sein).
Je mehr eine Sportart zur Kraftsportart wird (Kraftdreikampf, Gewichtheben, Strongman,…) desto mehr macht es Sinn, sportartspezifisch die Kraft zu trainieren. Allerdings gilt hier das selbe Prinzip wie vorhin auch. Je höher meine allgemeine Kraft erstmal entwickelt ist, desto erfolgreicher kann ich die spezifische Kraft „obendrauf entwickeln“.
Viele Missverständnisse treten in Diskussionen nur deshalb auf, weil die Definition der Grundbegriffe nicht klar ist. Dieser Artikel soll helfen, dieses Problem zu lösen.
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